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Interview mit Oliver Graue

1. Ihr Artikel, der im Februar bei fvw | TravelTalk (zur Website der fvw) erschien heißt: “Warum es bei mir Papier sein muss?” Bitte erzählen Sie: Warum muss es bei Ihnen Papier sein?

Natürlich weiß ich, dass es zunächst einmal auf den Inhalt ankommt und nicht so sehr auf die Form, über die dieser Inhalt übertragen wird. Aber das ist eben nicht alles. Zum einen habe ich festgestellt, dass ich Dinge viel besser aufnehme, wenn ich sie auf Papier lese statt auf einem digitalen Bildschirm. Da fehlt mir  die Verbindung zum Gelesenen. Und zum zweiten gehört das Fühlen und Riechen von Papier für mich zum “Gesamterlebnis Lesen” dazu. Es befriedigt alle Sinne. Sprich: Papier macht mir einfach mehr Spaß.

 

2. Welche Papierprodukte nutzen Sie heutzutage noch im Alltag?

Eine ganze Menge! Das beginnt schon bei der Tageszeitung am Morgen, die ich noch in Papierform abonniert habe. Zudem drucke ich mir komplexe Texte, die ich für meine Arbeit als Journalist benötige, in jedem Fall nochmal aus – weil ich sie dann besser verstehe. Auch schreibe ich bei Interviews und anderen Recherchen ganz klassisch mit, meinen “Reporter-Block” habe ich immer dabei. Und natürlich lese ich meine Bücher noch in traditioneller Form, für Zeitschriften gilt das ganz genauso.

 

3. Welche Produkte bevorzugen Sie heutzutage lieber in digitaler Form?

Manchmal ist es schon hilfreich, wenn ich etwa die Bahnfahrkarte oder das Flugticket im Handy-Wallet digital ablegen kann. Dann entfällt die hektische und langwierige Suche danach in Hosentaschen, Rucksack, Koffern etc.  Auch nutze ich gern Wikipedia, wenn ich unterwegs schnell mal etwas nachschauen möchte, und auch Bing Maps oder andere digitale Stadtpläne ziehe ich klassischen Landkarten ganz klar vor.

 

4. Glauben Sie, wird es in Zukunft nur noch eine Welt ohne Papier geben? Oder eine Rückkehr zum Papier? Oder wird es weiterhin einen Mix aus beidem geben?

Auch wenn das Digitale sicher weiter deutlich zulegen wird, glaube ich nicht an eine Welt völlig ohne Papier. Es wird weiter Menschen geben, die Bücher und Zeitungen auf Papier lesen wollen, und der frische Fisch vom Markt lässt sich ja auch nicht im Handy einwickeln.

 

5. Warum ist ein Mix aus beidem (print und digital) vielleicht sogar am besten?

Auch, weil es eine gewisse Sicherheit bietet. Ist das Handy entladen oder fällt der Strom einmal ganz aus, steht man nicht “blank” da – man hat es auch nochmal auf Papier. Zudem geht Papier zum Lebensgefühl dazu. Ich zum Beispiel schreibe weiterhin Postkarten aus dem Urlaub, und selbst eine solche zu bekommen, empfinde ich als deutlich wertschätzender als den schnellen Gruß per Social Media.

 

6. Sie sind Journalist beim Tourismus-Fachmagazin fvw | TravelTalk. Damit sind Sie natürlich nah dran am Thema “sinkende Print-Auflagen, steigende Digitalisierung”. Wie gehen Sie damit um?

Waren lange Zeit vor allem Publikumszeitschriften und Tageszeitungen davon betroffen und die Fachmagazine eher weniger, spüren wir diesen Rückgang im Print-Bereich inzwischen auch. Selbst komplexere Fachtexte möchten immer mehr Menschen “nur” digital lesen. Ich bedauere diese Entwicklung, das gebe ich offen zu, muss mich mit ihr aber selbstverständlich arrangieren. Zwar ist die Gestaltung der “Hefte” als E-Paper nicht groß unterschiedlich zu derjenigen als Print-Magazin – aber mir fehlt da etwas. Und bestimmte Seiten drucke ich mir dann eben doch nochmal individuell aus.

 

7. Spielt das Thema “Weniger Print, mehr online” im Bereich B2B, in dem Sie unterwegs sind, aus Ihrer Sicht nochmal eine andere Rolle als bei B2C-Medien?

Das hat es früher tatsächlich getan, einfach weil viele Menschen die ja meist schwerer zu konsumierenden Fachtexte lieber in Papierform in der Hand hielten – auch, um zum Beispiel Unterstreichungen vorzunehmen. Das hat sich aber geändert. Mittlerweile geht auch im B2B-Bereich der Trend deutlich in die Digital-Richtung, vielleicht in einer etwas abgemilderten Geschwindigkeit und mit kurzen Erholungsphasen. Derzeit etwa sehen wir bei der fvw einen Aufwärtstrend für das Printheft, mit dem wir nach Corona nicht gerechnet hätten. Das freut, ist aber vermutlich nicht von langer Dauer.

 

8. Als Reisejournalist sind Sie viel unterwegs, auch international: Beobachten Sie auf Reisen internationale Unterschiede beim Umgang mit Papier?

Eher wenig. Dass Menschen noch die Zeitung aus Papier oder das Buch in der Hand haben, wenn sie etwa in der U-Bahn sitzen, ist in allen Ländern, die ich zuletzt besucht habe, selten geworden. Meist blicken alle auf ihr Handy (okay – ich auch). In Skandinavien sieht man selbst auf Messen fast kein Papier mehr, die Stände sind frei von Prospekten und Katalogen. Anders ist es in Japan, wo ich Anfang des Jahres war. Hier findet man noch vergleichsweise viel Papier, überall liegen gedruckte Informationen aus, und auch echte Bücher sieht man dort in der Öffentlichkeit noch häufiger. Das liegt vielleicht daran, dass Papier und Handschrift einen sehr hohen Wert haben in diesem Land – es gibt auch viele spezielle Geschäfte, die hochwertiges Papier in allen Formen und Formaten anbieten.

 

9. Erinnern Sie sich an Momente in Ihrem Leben, die ohne Papier vielleicht ganz anders verlaufen wären?

Ich frage mich, wie Kinder und Jugendliche heute ihre ersten Liebesbriefe schreiben. Per SMS oder Whatsapp? Zu meiner Zeit ging das – zum Glück – nicht ohne Papier, und wie das sonst verlaufen wäre – keine Ahnung. Und meinen ersten Job bei einer Tageszeitung hätte ich möglicherweise auch nicht angetreten. Die gab es damals ausschließlich in gedruckter Form. Wäre ich zu einem reinen Digitalunternehmen gegangen? Vermutlich nicht.

 

10. Worauf achten Sie privat beim Kauf von Papierprodukten? Welche Merkmale sind Ihnen wichtig?

Papier muss schon eine relativ gute Qualität haben. Es sollte nicht zu dünn sein, es sollte also “gut in der Hand liegen”, und nicht beim ersten Umblättern reißen. Und es sollte auch nicht übel riechen.

Oliver Graue
Oliver Graue

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